ombres

Es gibt Bilder in der Geschichte der Fotografie, die ihre Motive wie Tatorte erscheinen lassen.

Diese Fotografie als Tatort kann gelesen, entziffert und gedeutet werden, mit dem Ziel in den Bildern des Tatorts die Tat rekonstruieren zu können. Eine Tat die uns ihre Spuren hinterlassen hat, die in den Bildern aber lange verschwunden ist.

Eine Interpretation dieser Bilder geht über eine reine Spurensicherung hinaus, sie gleicht kriminologischen Untersuchungen, denen Entschlüsselungspraktiken zugrunde liegen.

In meiner Serie Ombres steht der Tatort nicht mehr an erster Stelle, denn im Gegensatz zu Atgets menschenleeren Pariser Straßen oder Johannes Hepps Serie "The Day After", die mit 360 Grad Aufnahmen eine maximale Ansicht auf den Tatort bietet, zeigen meine Fotos den Unfallort nur marginal.

Im Zentrum meiner Aufnahmen verstellt der schwarze, alle Menschen gleich machende und behandelnde Tod, auch wenn er sich von Mensch zu Mensch in feinen Nuancen unterscheidet, den Blick auf den Ort des Verhängnisses.

So begegnet der Betrachter in meinen Aufnahmen gleich Orpheus dem schattenhaften Wesen des Todes, einem der Eckpfeiler menschlichen Daseins.

An den Rändern der Nationalstraßen Frankreichs stehen diese lebensgroßen, menschenförmigen Silouetten. Sie makieren die Orte, an denen ein Autounfall tödlich verlief.

Serie Ombres, 2000
14 Baryt-Abzüge, auf Aludibond, je 125 x 220 cm